
Schwäbisch-alemannische Fasnet: Yes we can!

Wenn Dir Badgeister, Dreizipfelritter, Inselwächter, Obstköpfe oder Bettelweible begegnen, dann ist schwäbisch-alemannische Fasnet. Der Fasching, der auf die längste Tradition und Geschichte zurückgreift. Der schwäbisch-alemannische Fastnachtsbrauch mit seinen Zünften erlebt eine Renaissance. Auch Richtung Ober- und Unterallgäu finden sich immer mehr Hästräger in Gruppen zusammen. Fasching, Fastnacht, Fasnet, Karneval – viele Namen für die fünfte Jahreszeit. So unterschiedlich die Namen sind, so unterschiedlich sind auch die Festivitäten. Und aus allen sticht die schwäbisch-alemannische Fasnet heraus.
Das Geheimnis der schwäbisch-alemannischen Fasnet
An sich ist der Allgäuer nicht bekannt für hemmungsloses Amüsement. Es dauert gerne länger, bis sich der Allgäuer einer richtigen Sause hingibt. Erscht mol luaga, das ist das Motto. Vielleicht haben sich deshalb die schillernden, bunten Karnevalshochburgen in der Rheingegend etabliert, dort scheint das Gemüt sonniger zu sein.
Doch „Yes we can“! aber eben auf schwäbische Art. Geordnet, traditionell und mit richtig vielen aktiven Hästrägern.
Die ersten urkundlichen Faschingsbräuche stammen aus Bad Saulgau 1355. Aber die Geschichte der schwäbisch-alemannischen Fasnet ist eigentlich eine Geschichte der Fasnachtsverbote. Den alten Herrschern übers Ländle, war das wilde Treiben nie ganz geheuer. So verschwand das Brauchtum fast ganz.
Als Anfang des 20. Jahrhunderts die wilde, bunte und auch politische Faschingsbegeisterung vom Rhein in Süden schwappte, erinnerte man sich in Oberschwaben wieder an das kulturelle Fasnet-Erbe.
Der schwäbisch-alemannische Fastnachtsbrauch mit seinen Zünften erlebte eine Renaissance. Von dort eroberte das Brauchtum ganz schnell den südwürttembergischen Raum. Das bayrische Allgäu kommt erst jetzt langsam in Schwung.
Kultur & Tradition bestimmen im Allgäu auch die 5. Jahreszeit.

Flecka-Männle beim Fasnetumzug in Lindau / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen
Schwäbisch-alemannische Fasnet ist Kulturerbe
Fasnacht, Fastnacht, Fasnet – auf die Details will ich gar nicht eingehen. Fakt ist jedenfalls, dass der schwäbisch-alemannische Fasching seit 2014 in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes mit allen Formen, Bräuchen und Ausprägungen aufgenommen wurde. Weil dieser Brauch eben so ausgesprochen anders ist, und mittlerweile wieder intensiv zelebriert wird.
Und natürlich gibt´s auch bei uns viele Verbände und Regularien, weil nur lustig ist so eine Fastnacht ja nicht. So kümmert sich zum Beispiel die Vereinigung der schwäbischen-alemannischen Narrenzünfte um Pflege & Brauchtum und um Lobbyarbeit.
Was ist der Unterschied zum rheinischen Fasching?
- Die schwäbisch-alemannischen Narren treten in Gruppen auf
- Die Gruppen sind ortsgebunden
- Die Verkleidung ist jedes Jahr das selbe
- Das Häs wird innerhalb der Familie weitergereicht.
- Die Hästrägerverkleiden sich mit Masken aus Holz
- Die Zuschauer schauen viel und trinken wenig

Hexen sind immer noch sehr beliebt … / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen

Hopfen auch … … / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen
Das Allgäu und die Schwäbisch-alemannische Fasnet
Das Allgäu ist geteilt. Eine Mauer schlängelt sich von Lindau quer durch das Westallgäu nach Isny. Während der östliche Teil – wenn überhaupt – zum Tanzen auf Bälle geht, organisiert sich der westliche (ziemlich kleine) Teil in Narrenzünften, oder besucht Narrenumzüge. Und so kommt es, dass ein Großteil der Allgäuer noch nie einen schwäbisch-alemannischen Fasnetumzug besucht hat.
Allerdings fängt die Mauer zu bröckeln an. Auch im Oberallgäu gibt es schon die eine oder andere Narrenzunft.

Im Westen viel los, im Osten nix Neues / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen
Zelebriert und gelebt wird die schwäbisch-alemannische Fasnet vor allem im südlichen Württenberg und in der nördlichen Schweiz. Der oberschwäbische und Allgäuer Raum beherbergt nur einen ganz kleinen Teil der großen Narrenzünfte.
Beeindruckend die Masken aus Holz
Das Faszinierende an „unserem“ Fasching, sind für mich die Holzmasken. Wir nennen sie Larven und weiter drinnen im Württenbergischen heißen sie auch Schemen.
Die geschnitzten Masken und aufwendigen Gewänder werden teilweise noch in Eigenleistung hergestellt. Die Verkleidungen bleiben in den Familien und werden weitervererbt.
Die Figuren bei der schwäbisch-alemannischen Fasnet sind eher wild und ungezügelt. Und sie treten immer in Horden auf. Das beeindruckt. Und so war das schon immer. Es kann gar nicht gruselig genug sein. Lustig übrigens, dass auch schon Kleinkinder in ein „Häs“ gepackt werden – allerdings ohne Maske – und es gefällt ihnen, wenn Mama & Papa auf einmal so anders aussehen …
Handwerkskunst: Masken schnitzen
Und schon bin ich bei einer ganz besonderen Handwerkskunst aus der Region: Dem Schnitzen von Narrenmasken. Es sind die kreativen Handwerker, die aus jedem Holzkopf einen ganz eigenen Charakter schnitzen.
Die Larven werden komplett händisch gearbeitet. Jede Maske besitzt einen individuellen Ausdruck, einen Charakter. Keine existiert ein zweites Mal.
Dabei wird die Maske aus dem vollen Holz geschlagen. Lindenholz ist beliebt, denn es harzt nicht. Wäre ja schon doof, wenn die Larve immer an den Haaren kleben bleibt.
Ab und an kommt auch Weymouth-Kiefer zum Einsatz, weil dieses Holz noch leichter ist. Larven haben ein Gewicht zwischen 250g und 700g.
Zwei Tage dauert es, bis aus dem Holzklotz ein Gesicht entstanden ist. Die Bemalung ist Kunst für sich …

Der Allgäuer Mostkopf vom Bodensee/ Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen

Viele Falten, große Nase und ordentlich Zahnstummel … / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen

Ja, es schneeregnet. Deshalb schaust so traurig, gell! / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen

Do liegt d´r Tod. / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen
Tradition & Mystik
Dank Tradition sind natürlich Hexen, Teufel, der Tod und Dämonen sehr beliebt. Alles, was mystisch ist, lieben wir Allgäuer eben. Und so ist es ganz natürlich, dass nach den Bärbele, Klausen und Rauhnächten die Fasnet im Kalenderjahr mit dem Spuk fortfährt.

Piep, Piep, ja da ist ja das Vögele …/ Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen

Komm, rück sie raus die Guatsle … / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen

Ich glaub, die Dame auf der Street One ist divers oder sowas. / Bildquelle: MGZN, Foto: U. Heerdegen
Quintessenz zur schwäbisch-alemannische Fasnet
- Die Kombination Kunst, Kultur & Karneval gibt es nur bei der schwäbisch-alemannischen Fasnet.
- Innerlich sind wir Allgäuer oft sehr lustig. Aber das muss ja nicht jeder gleich merken.
- West und Ost sind auch am Alpenrand sehr unterschiedlich.
Goggolores, alaf und hellau ….
ich setz mir jetzt ne Pappnase auf, Ulli
Weiterführende Informationen
Alle Termine für die schwäbisch alemannische Fasnet und Faschingsumzüge >>>
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