Storytelling für das Allgäu

Wetterphänomen Obheiter: Nach oben in die Sonne

Das stabile Hoch über dem Allgäu ließ die letzten Wochen Frühlingsgefühle hochkommen. Winter-Weihnachtliche Besinnlichkeit war nur unter – sagen wir mal grob  – 700 Höhenmeter möglich. Und das garantiert schneefrei. In den höhergelegenen Regionen war ordentliches „Obheiter“ angesagt.

Wir Allgäuer nennen es auch gerne „noch ne Jahreszeit“. Es ist die Zeit, wenn Ströme von Unterländler und Bodensee-Küstenbewohner auf den Straßen Richtung Alpen fahren. Verständlich. Sitzen die doch richtig dick im Nebel. Etwas Sonne tut unserer Psyche so gut. Deshalb nichts wie schnell hinauf. Nach oben, dort wo es obheiter ist. Oder in Langform: Oben ist es heiter!

Obheiter: Ein Wetterphänomen in der Alpen-Region

Ein stabiles Hoch sorgt für ungetrübten Sonnenschein – oben. Durch geringe Luftzirkulation und kalten Temperaturen in schattigen Tälern, entsteht eine ordentliche Wolkendecke – mittig. Es kommt zu einer Inversionswetterlage, bei denen die Temperaturen auf den Kopf gestellt werden. In der Höhe ist es dann bedeutend milder, als im Tal mit seinen Schatten und dem kalten Boden. Die Dunst- und Wolkenschicht verfestigt sich.

Das Ergebnis: Wer unter der Decke wohnt, bekommt tagelang keinen Sonnenstrahl ab. Wunderbares Wetter, um Plätzchen zu backen und langsam in eine Dunkeldepression zu verfallen. Wer mitten drin wohnt, dem kriecht eine feuchte Kälte über die Tage so langsam in jeden Knochen. Der Drang, kurzfristig eine Südseereise zu buchen wird stündlich mächtiger. Wer über der Wolkendecke wohnt, ja der ist eindeutig oben und hoffentlich recht heiter. Obheiter eben!

Das Wetterphänomen „Obheiter“ gibts nur in den Bergen. Und wer dann auf dem Gipfel steht, sieht Gipfel, Gipfel, Gipfel, Gipfel, …..

 

Obheiter ist´s, wenn im Tal der Nebel hängt und auf dem Berg die Sonne scheint.

Sonne tanken, durchatmen – Schön ist´s auf dem Berg

Bergpanorama der Allgäuer Alpen am Ende des Jahres ...

Berggipfel an Berggipfel …. in Natura ist´s noch viel beeindruckender

 

Mit der Zitronen-Gondel in die Wintersonne

 Obheiter am Hochgrat bei Steibis / Oberstaufen

Eine meiner Lieblingsberge ist eindeutig der Hochgrat. Der höchste Berg im westlichen Allgäu mit 1834m und mitten drin im Naturpark Nagelfluhkette. Er ist ein Geheimtipp unter den Skifahrern: steil, anspruchsvoll, Natursschneepiste, Buckelpiste und gigantische Tiefschnee-Abfahrten durch den Wald, wenn denn Schnee wäre. Frau Holle läßt sich aber vom Wham´schen „White Christmas“ überhaupt nicht beeindrucken. Keine Flumse kann im Winter vom Himmel fallen. Dafür klebt sich der Nebel fest. Und darüber ist eben strahlend blau der Himmel: Obheiter.

Die Hochgrat-Bahn erreicht man über Oberstaufen – Steibis und dann noch zwei Kilometer weiter die Straße entlang. Es geht ziemlich eng und ziemlich kurvig und auch sehr schattig ins Tal hinein. Die Anfahrt-Fahrt an sich, ist für Südschweden schon ein kleines Abenteuer. Nach der letzten Kurve gondeln einem dann gleich die ….

…. Hochgrat-Zitronen-Gondeln …

… an der Nase vorbei. Zitronen??? Hä???? Nein, es ist kein Witz, vielleicht ein Scherz, aber wir nennen die Dinger wirklich so. Seit meiner Kinheit, und die ist schon ein paar Jährchen her, kenn ich die respektlose Beschreibung dieser Kleinkabinen-Luftseilbahn. Wer für die Farbe verantwortlich war, kann nicht mehr rekonstruiert werden. Gelb bleibt Gelb. Passend zum Sonnenschein. 12 Minuten dauert die Fahrt, 260 Personen pro Stunde ist keine Menge, aber ambitioniert. 1972 wurde sie in Betrieb genommen.

 

Nostalgische gelbe Kabinen bei der Hochgratbahn

Bei vier großen Menschen, wirds schon recht mugele in der Kabine …

Zitronen-Gondel oder Hochgratbahn

Klar erkennbar: das Modell gehört zum Hochgrat!

 

Die Bahn gehört übrigens derer von Waldburg-Zeil. Fürstlich. Trotzdem ist die Gipfelstation ist ein grober Betonklotz, der irgendwie im Verhältnis zur nostalgischen Gondelbahn etwas mutiert wirkt. Ich find ihn scheußlich, aber die Sonnenterrasse bietet viel Platz und der Kaiserschmarrn oder der Germknödel mit Vanilleso0ße schmeckt, weil die Aussicht so gigantisch ist. Da heißt es „Berge schauen und Beton ignorieren“.

 

Hochgrat – Wanderparadies Nagelfluhkette

Für 15,50 Euro Berg und Talfahrt (Stand Dez 2016) komm ich gemütlich zur Gipfelstation. Die Allgäuer Alpen, der Bodensee, die Schweizer-, Vorarlberger- und Lechtaler Alpen – das alles liegt mir zu Füßen. Die guten hundert Höhenmeter bis zum Gipfel sind schnell erklommen, und schon sind die vielen Sonnenhungrigen zahlenmäßig mehr als halbiert. Die Dohlen bewachen das Gipfelkreuz und auch die Wanderwegweiser. Leider liegt gerade kein Schnee. Aber immerhin obheiter. Zum sportlichen Rodelvergnügen reicht ausgiebig weißes Pulver. Auch bei Vollmond. 

Dohlen auf dem Hochgrat - Gipfelkreuz

Dohlen – Landeplatz auf dem Hochgrat – Gipfelkreuz

 

Eine der wohl schönsten Gratwanderungen könnt ich von hier aus starten.

  • Abstieg zur Brunnenau-Scharte 1.624 m.
  • Aufstieg zum Rindalphorn 1.822 m
  • weiter zum Gündlekopf 1.748 m.
  • Aufstieg zum Buralpkopf 1.772 m
  • weiter zum Sedererstuiben 1.737 m.
  • Stuiben 1749 m
  • nach Steineberg 1.660 m.
  • Bergstation Mittagbahn 1.452 m.

Sieben Stunden Wegezeit müsst ich einplanen. Und dann gibts ja auch noch viele Hütten und Alpen ..

.. die Gratwanderung bis zum Mittag / Immenstadt heb ich mir für den Sommer auf. Heut will ich nur Sonne geniesen, Brotzeit machen, schauen …

 

Kleine Brotzeit auf dem Hochgrat - Gipfel

Auch die kleinste Wanderung verlangt nach einer Brotzeit …

 

Gipfelwanderung am Hochgrat

Abstieg vom Gipfel zur Bergstation Hochgrat – kurz und schön

Quintessenz:

Schnell mal nauf auf den Berg ist wie Kurzurlaub und
Obheiter ist fantastisch.

Weit wandern ist großartig, muß aber nicht.

Und am Abend gibts Kässpatzen: das ist Allgäu intensiv!Merken

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