
Wurzacher Ried – ein mystischer Spaziergang …

Am Rande des Westallgäus, genauer gesagt nördlich von Bad Wurzach, erstreckt sich eines der bedeutendsten Hochmoorgebiete Süddeutschland – das Wurzacher Ried. Seit 1985 ist es Naturschutzzentrum und in kleinen Teilen auch zu begehen. Natürlich kann man sich auch mit dem Torfbähnle bequem durch die Landschaft kutschieren lassen. An 12 Stationen darf sich der Interessierte zudem über den Torfabbau, der bis in die 1990er Jahre dauerte, ausgiebig informieren. Alles in allem ein Ort, um sich zu erholen und unberührte Natur intensiv zu erleben.
Unterwegs im Wurzacher Ried
Ich machte mich an einem schönen Vorfrühlingstag auf den Weg, um ein wenig die Seele baumeln zu lassen. Angekommen auf dem Parkplatz, der gleich neben der Gaststätte „zum Wurzelsepp“ liegt, stellte ich mein Auto ab. Die ersten warmen Sonnenstrahlen kitzelten in der Nase und es lag der feine Hauch des Frühlings in der Luft. Die Vögel zwitscherten und ich hatte das Gefühl, dass die Welt nach den kalten Tagen wieder richtiggehend erwachte. Ich ließ den Wurzelsepp links liegen und ging an Schuppen mit Museum und „Bahnsteig“ für das Riedbähnle vorbei in Richtung Moor. Weiter vorne herrschte reges Treiben von Handwerkern, die die Schienentrasse der Bahn erneuerten. Es wurde gehämmert, geschweißt und geschraubt was das Zeug hielt, um zur Eröffnung der neuen Saison alles in bestem Schuss zu haben.
Wurzacher Ried: Ein Ort der Ruhe & Stille im Spätherbst
Als ich die lärmende Mannschaft hinter mich gelassen und die Brücke des kleinen Kanals überquert hatte, umfing mich die eigenwillige Stille der Riedlandschaft. Auf der torfigen Erde zu gehen glich gleichsam dem Schreiten auf Wolken. Alle Geräusche wirkten gedämpft. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen und so folgte ich zunächst gedankenverloren dem Hauptweg Richtung des großen Riedsees. Mir kam die Sage des Herrn von Schwarzach in den Sinn, wonach ein Kind seiner Sklavin in den Schwindelsee, der sich der im Ried befunden haben soll, geworfen wurde. Seit dieser Zeit soll das Kind aufgrund der grausamen Tat, die an ihm begangen worden war, als schreckliches menschenähnliches Ungetüm umgehen und manch einem das Fürchten gelehrt haben.
Von Schlangen und der Torfstecherei im Ried
Ich hing den Gedanken so sehr nach, dass ich beinahe auf die schwarze Schlange, die meinen Weg kreuzte, getreten wäre. Wenigstens keine schwarze Katze‘, dachte ich bei mir und besah mir den absterbenden Wald, der sich links von mir erstreckte. Ich passierte den verfallenden Waggon der früheren Torfbahn und machte halt an einer der Informationstafeln, zu der ein kurzer Bohlenweg führte. Diese befasste sich mit dem Torfabstich und wurde in natura illustriert durch das Diorama eines Torfwagens, aufgestapelter Torfsoden und dem treppenförmigen Abstich im Moor.
Etwas weiter erreichte ich den Rand des Riedsees, der dort still ruhte. Ein leichter Wind kräuselte bisweilen die Oberfläche und verwischte die sonst klare Spiegelung der Bäume und Büsche am anderen Ufer . Ein Bohlenweg zweigte links vom Hauptweg ab und führte am See entlang. Neben betagter vor sich hinrostender Gerätschaften hatte ein Biber ganze Arbeit geleistet. Ich folgte dem Bohlenweg gedankenverloren, während mein Blick über den Riedsee und die vielen Inseln aus Seggengras schweifte.
Das Wurzacher Ried ist mystisch
Mit einmal überkam mich eine merkwürdige Schläfrigkeit und ich suchte mir eine Bank, um etwas Rast zu machen. Irgendwie musste ich wohl kurz eingeschlafen sein, denn es weckte mich ein undefinierbares Geräusch. Als ich die Augen aufschlug, traute ich meinen Augen kaum. Was war geschehen? Die Umgebung schien verändert. Alles wirkte fahl und zunehmend düster. Alle Farbe war gleichsam einem Schwarzweißbild einem irisierenden Grau gewichen. Ich stand auf und wollte so schnell wie möglich zu meinem Wagen zurück. Auf einmal wirkte die Landschaft eher bedrohlich denn beruhigend. Ich kam an einem alten Torflagerschuppen vorbei, der auf mich wirkte, als ob jeden Moment etwas herausspringen würde. Mit einmal hob ein immer lauter werdendes Schmatzen und Gluckern an und ich musste wieder an das Kind denken, das im Moor sein nasses Grab gefunden hatte. Ich wollte schneller laufen, doch meine Beine versagten ihren Dienst. Unvermittelt vernahm ich eine Stimme neben mir, die begann erst leise zu kichern und dann immer lauter zu lachen. Gleichzeitig schwoll das Schmatzen zu einem ohrenbetäubenden Geräusch an.
… aufgewacht …
Ruckartig wachte ich aus meinem Traum auf und bemerkte neben mir einen wohlgenährten pasubackigen Jungen von wohl 10 Jahren, der laut schmatzend sein Brot verschlang und mittels eines Strohhalms die letzten Reste aus seinem Getränk schlürfte. Er sah mich aus kecken Augen herausfordernd an und fragte mich neugierig, ob ich immer so schnarchen würde. Ich überlegte, ob ich eine passende Antwort zurückgeben sollte, entschied mich aber dagegen. Wortlos stand ich auf und machte mich von dannen.
Für heute reichte es mir erst einmal mit der inneren Einkehr und ich ging direkten Weges zu meinem Auto, natürlich nicht, ohne mich noch im „Wurzelsepp“ von der ach so anstrengenden Tour und den etwas merkwürdigen Erlebnissen zu erholen und zu stärken.
Quintessenz:
Ein interessanter aber auch irritierender Ausflug,
der mir so schnell sicher nicht aus dem Gedächtnis gehen wird.Das mystische Allgäu zeigt sich auch
auf dem Friedhof der Kreuze …
Weiterführende Informationen

Er ist selbstständige Sicherheitsexperte und begeistert sich für Mystisches und alte Gemäuer. Leidenschaftlich gerne streift er durch die Natur, geht Fliegenfischen und entspannt sich beim Gitarrenspiel.
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Das Ried war lange Zeit eines meiner Lieblingsausflugsziele in der Umgebung von Leutkirch. Die rohe Natur und die Ruhe gefallen mir auch heute noch.
Eine Fahrt mit der Riedbahn ist auch sehr empfehlenswert und interessant. Das sollte man sich auch einmal angehört haben.
Auch der Trimm-Dich-Pfad und das Moortreten runden das Erlebnis am Ried noch ab.
Hi Marcus,
Danke für Dein Input. Die Fahrt mit der Riedbahn hab ich noch nicht geschafft, aber vielleicht sollt ich dies nachholen :-).
Moortreten hört sich ja herrlich an, so nach viel Baaatz zwischen den zehen … großartig!
Beste Grüße, Ulli