Storytelling für das Allgäu

Allgäuspitzen: Die Allgäuer Art, oder eine Übernachtung im Heu

Da war was!

Man darf schon mal darüber sinieren, was ist die Faszination Allgäu bzw. besser: Was macht einen Allgäuer aus? Diskussionen über den Allgäuer, mit seinen Werten, seinem Dialekt, sind omnipräsent.  Vorallem, wenn an bierseligen – oft mit weiß-blauen Insignien trapierten Stamtischen – Fremde mit am Tisch sitzen. Die Allgäuer Art ist eben besonders.

Wer, Was & Wie ist das Allgäu, samt seinen Bewohnern

Für die Jungen ist es eine Freizeitlandschaft, für die Alten Tradition mit speziellen regionalen Werten. Der thematische Bogen spannt sich zwischen diesen beiden Polen und ich möchte jetzt an dieser Stelle nicht groß mit geschichtlichen Wissen dazwischen grätschen,  aber trotzdem die Person Dr. Otto Merkt mal in den Allgäuer Sonnenaufgang rücken. Immerhin – und das ist meine Stammtischbeobachtung – weiß kaum ein Allgäuer, daß der Begriff „Allgäu“ als amtliche Bezeichnung von Otto Merkt erkämpft wurde.

Das vererben macht´s aus

Ein echter Allgäuer zu sein steckt einem im Blut, oder wie man heute sagen würde „in seinen Genen“. Dazu kommt das Gelernte, in einer früher relativ abgeschlossener Gegend. Dr. Otto Merkt war die Allgäu-Inkarnation schlechthin.  Zudem war er auch ein streitlustiger VIP, entsprechend bekannt und gesellschaftlich verknüpft.

Eine kleine Geschichte oder große Erfahrung zum Thema: Allgäuer Art

Aber wie drückte sich das Allgäu-Gen bei den kleinen Leuten aus? Ein Paradebeispiel hat sich bei mir eingebrannt und ich möchte das kurz erzählen. Zum verstehen braucht man dazu keine Fremdsprache. Ins Hochdeutsch läßt es sich auch nicht übersetzen und ist eh nur für echte Allgäuer mit dem Gen verständlich. Die Allgäuer Art eben.

Da ich im vorgerückten Alter bin muß ich sie in die Zeit zurückführen als die Kühe noch Hörner trugen. Es war so Ende August und mein Bruder und ich hatten eine Durchquerung des Allgäuer Hauptkammes vom Waltenberger-Haus bis zur Tannheimer-Hütte geplant unter Einbindung einiger Klettertouren.

Eine dieser Klettereien war das Südliche Höllhorn, damals noch mit dem bekannten Spreizschritt und wer diese hintere Oytalecke kennt, der weiß das es hier weit und breit keine reguläre Übernachtungshütte gibt. In einem Kletterführer aber stand der Hinweis, daß man auf der Wildenfeldhütte ein Notlager finden könne.

Die Hütte oben am Ende des Oytals steht in den kargen Schotterfeldern der Höllhörner wie eingefügtes Bild zeigt und hier ist sicherlich kein Paradeplatz saftiger Kuhweiden. Den Schlafsack hatten wir im Rucksack und so setzten wir auf diese Unterkunft.

Allgäuer Alphirten auf der Hütte

Der Alpabtrieb hatte noch nicht begonnen und ein Blick durchs Hüttenfenster zeigten den üblichen gewohnten Blick herumstehender Bierflaschen und Aschenbecher….., also die Hütte wurde von Einheimischen genutzt! Wir warteten und wartenden und Ende August wird es schon recht schnell dunkel und so beschlossen wir selbst nach unserem Notlager umzusehen.

Das Fenster über der Hüttentür sah einladend, sprich ziemlich unverriegelt aus. Wir machten eine Hennaleiter, enterten das Fenster und waren freudig überrascht den Raum zum Teil mit Heu aufgefüllt vorzufinden. Mit Biwaksak und Schlafsack eine relativ komfortable Angelegenheit. Wir hatten gar nicht die Motivation die Hüttenstube aufzusuchen, obwohl man über eine Klappe im Boden absteigen konnte.

Faszination Allgäuer – die Pointe

Wir waren schon mehr am Schlafen als wach, da kamen zwei Älpler und wir machten uns pflichtgemäß über die Klappe bemerkbar. Wir erhielten die Erlaubnis zum übernachten. Bodenklappe zu! Wir verstanden so ziemlich alles was unten gesprochen wurde. Und davon hat sich mir ein Satz eingebrannt.

Frägt doch einer den anderen:

„Wölladt dia a Hei stähla!“
(Wollen die Heu stehlen?)

Welch grundlegende Aussage!

Schlagartig wurden mir die archaischen Wurzeln der einzigartigen Allgäuer Werte klar.

Man stelle ich mal vor: Stunden zu Fuß von nächsten Parkplatz entfernt, schleppen zwei Männer – im Dunkeln der Nacht und über Bergpfade – je einen gestohlenen Heuballen zu Tale.

Hier stellt sich die Frage:

Welche Wertschätzung geniest dieses Heu oder auch Allgäuerisches Tun?
Wird hier Heu zu Gold verwandelt?

Wie grandios misstrauisch kann der Allgäuer eigendlich sein?
Oder waren das Ausnahmen ? 😉

Herzlichst,
Rolf Kuntz, ein bekennender Allgäuer ….

Knöpfle oder Spätzle?

Das ist hier die Frage …

Symbolblume Löwenzahn

Ein Erlebnis der besonderen Art …

Im Frühtau zu Berge ...

Falleri und Fallera …

Für Dich an der Tastatur: Rolf

Ich bin „Renn“tner. Einer der sich mit zwei „n“ schreibt. In Memmingen geboren, aber jetzt in der schwäbischen Diaspora bei Neu-Ulm wohnend. Für mich ist der Allgäuer der Hardcore unter den Schwaben. Eine Thematik mit der ich gerne kokettiere. Mein Pulver dazu erwandere ich mir gerne im Allgäu oder um’s Allgäu herum und vielleicht triffst Du mich mal wenn ich mit dem Pilzkorb dazu auf Suche bin. Aber Vorsicht, mit mir ist schlecht diskutieren! Ich bin ein wandelndes Geschichtsbuch und weiß immer noch was …. 😉

Rolf Kuntz

Forschender Geschichtenfinder, Renntner

Fundiert

JournalistInnen & TexterInnen recherchieren und berichten.

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