
Schäferhof Greber in Malleichen: Wolle, Felle, Wurst & Landschaftspflege

Wolle vom Allgäuer Bergschaf, warmes Wasser, Seife und ordentlich Muskelkraft sind die Zutaten, aus denenbei Karolina & Franz vom Schäferhof Greber in Malleichen ein Filzhut entsteht. Aber natürlich gibt’s im Hofladen auch wunderbare Wolle sowie andere Produkte rund ums Schaf.
Eingebettet in ein romantisches Tal zwischen dem baden-württembergischen Eglofstal und dem bayrischen Gestratz liegt der Bioland-Schafhof der Familie Greber. Die Argen schlängelt sich dort auf ihrem Weg zum Bodensee durch die Wiesenlandschaft. Rund um den etwa 300 Jahre alten Hof grasen weiße, schwarze und gescheckte Schafe.
Sympathische Landschaftspfleger auf dem Schäferhof Greber
Franz Greber steht vor der Wollkardiererei und ruft seine Tiere. Mit Schellengebimmel, fliegenden Ohren und munterem Geblöke kommen sie angerannt – zugegebenermaßen auch durch den Futtereimer angelockt, den der Schafhalter in den Händen hat. Nach ein bisschen Gedrängel und munterem Kauen scharen sie sich neugierig und zutraulich um ihn und seine Frau Karolina.

Schäferhof Malleichen: Alles rund ums Schaf
„Natürlich sind es heutzutage hauptsachlich Kühe, die das Landschaftsbild des Allgäus prägen“,
sagt der ehemalige Vorsitzende der Allgäuer Schafhalter. Doch auch Schafe tragen zu einer intakten Kulturlandschaft bei.
„Besonders steile Wiesen, wie hier bei uns, werden durch sie bodenschonend gepflegt.“
Vor mehr als 30 Jahren hat der gelernte Bäcker unter anderem aus diesen Gründen zwei Bergschafe gekauft, Exemplare einer vom Aussterben bedrohten Rasse. Mittlerweile besteht die Herde aus rund 20 Muttertieren mit ihrem Nachwuchs und liefert Grebers den Rohstoff für ihre Filzhüte und für viele weitere Produkte rund ums Schaf, die im Hofladen verkauft werden.
Bio Schafwolle: Hautfreundliches Naturprodukt
Die Wolle aller Tiere – egal ob weiss, braun, schwarz oder gescheckt – ist lang und leicht gewellt. Zweimal im Jahr werden die vierbeinigen Landschaftspfleger geschoren. Vor etlichen Jahren haben Franz und Karolina Greber neben ihren Hof eine Wollkardierei gebaut. Das Gebäude ist zwar neu, doch eine mehr als 100 Jahre alte Maschine im Inneren steht am Anfang der Filzhutproduktion.

Altes Handwerk: Hüte aus dem Allgäu
Die Hut-Produktion im Allgäu besitzt eine sehr lange Tradition. Das deutsche Hutmuseum in Lindenberg sowie die internationale „Seeberger Hats“ Manufaktur in Weiler zeigen wie großartig die Hutmacher im Westallgäu sind. Und auch wenn die Filzhutproduktion bei Grebers in Malleichen eher regional ist. Phantastisch sind die dichten, farbigen Hüte allemal.
Filzhüte aus Schafwolle vom Schäferhof
Während Franz Greber dort mit beiden Händen die bereits gewaschenen, braunen Wollflocken aus einem Sack auf der Einzugsfläche der „Kamm-Maschine“ ausbreitet, schwärmt er von den besonderen Eigenschaften von Schafwolle:
„Es ist ein robustes, biologisch abbaubares Naturprodukt, das hautfreundlich, Temperatur ausgleichend, feuchtigkeits- und schmutzabweisend und zudem schwer entflammbar ist.“
Dann schmeißt er das mit Strom betriebene Relikt frühindustrieller Fertigung an und kurz darauf entnimmt Karolina am anderen Ende der mit Kammstiften besetzen Walze ein etwa ein Meter breites und zwei Meter langes Vliesstück. Sie breitet es auf einem Holztisch aus und reißt gekonnt ein etwa 50 mal 50 Zentimeter großes Stück heraus.
Das Vlies besteht aus dünnen Lagen. Davon zieht sie vier ab und legt jeweils zwei von ihnen einmal mit der Kammrichtung längs und einmal quer aufeinander. Ein Stück PVC-Boden in Hutform wird als Schablone zwischen zwei Schichten platziert.
Die Sache mit dem Schafwoll-Filz
Karolina erklärt:
„Filz entsteht durch Walken.
Das ist die mechanische Bearbeitung von Wolle mittels Reiben, Druck und feuchter Wärme.“
Zunächst benötigt die geübte Filzerin dafür rund zwei Liter 50 Grad heißes Wasser und einen etwa handtellergroßen Batzen Schmierseife. Die 59-Jahrige gießt Wasser auf die obere Woll-Lage und verteilt die Seife darauf mit der rechten Hand und erklärt:
„So lange die Wolle noch vom Schaf getragen wird, verfilzt sie nicht. Das liegt daran, dass die Haare alle in die gleiche Richtung wachsen. Nach dem Scheren und Kardieren haben sie keine Wuchsrichtung mehr, die Haare liegen kreuz und quer. Da sich die Fasern im warmen Wasser noch zusätzlich ausdehnen, verfilzen sie so am schnellsten.“
Der Grund: Das einzelne Haar sieht aus wie ein Tannenzapfen mit lauter einzelnen Schuppen. Durch diese kleinen Schuppen verhaken sich die einzelnen Haare bei der weiteren Verarbeitung untereinander bis sie ein festes, gewebeartiges Material ergeben.




Schafwolle wird mit Kraft & Ausdauer zum Hut
Sanft und ohne Druck massiert Karolina Greber anschließend die eingeseifte Wolle und beschreibt den Arbeitsschritt:
„Das muss man machen, als ob man ein kleines Kätzle streichelt.“
Nach einigen Massage-Runden wird das nasse Wollstück auf die andere Seite gedreht. Wasser drauf und auch hier die Seife ins Wollstück streicheln. Die Ränder bekommen eine extra Seifen- und Streichelration ab, damit auch dort die Fasern gut zusammen filzen. Bislang war Ausdauer gefragt, ab jetzt braucht es auch noch Kraft.
Walken – im Schäferhof Greber ist das Männerarbeit
Das ist der Zeitpunkt, an dem Franz in die Produktion einsteigt. Mit kräftigen, kreisenden Bewegungen nimmt er sich des erneut gewässerten und eingeseiften Wollstücks an. Er rubbelt und drückt und greift schließlich nach einem Stock, auf den er das nasse Wollstück aufwickelt. So reibt und dreht er den künftigen Hut über ein altes Waschbrett. Durch das Walken verdichten sich die Fasern weiter, das Wollvlies schrumpft.
Schmierseife, Wasser, Muskelkraft
Der Schablone wird es jetzt zu eng in ihrem „Mäntelchen“. Darum schneidet der Filzexperte den Hut an der Krempenseite auf und entfernt die Schablone. Damit der Hut innen und außen gleich gut gefilzt ist, stülpt er die Innenseite nach außen und filzt weiter. „Wichtig dabei ist, dass man sich merkt, in welche Richtung man bislang gerieben hat“, betont der Schäfer. Sonst würden die Fasern ungleichmäßig schrumpfen.
Alte hölzerne Hutform – das Model
Karolina stellt währenddessen ein Holzmodel bereit. Die hölzerne Hutform stammt von einem alten Hutmacher aus dem nahen Lindenberg. Wurde der Hut bislang flach auf der Unterlage bearbeitet, folgt jetzt das filzen auf dem Model, sozusagen 3 D, aber ebenso mit Wasser und Seife. Wenig später beschneidet der 59-Jährige den etwas ungleichmäßig, flattrig aussehenden Rand
„Einfach mit einem gewissen Augenmaß.“


Schäferhut, Greber Hut: Garantiert handgefertigte Unikate
Einige weitere Filz-Runden auf der hölzernen Hutform folgen. Er nimmt den Hut vom Model, betrachtet ihn eingehend, dreht ihn auf dem Zeigefinger rundherum. Seine Frau schaut ihm über die Schulter und gibt einen zufriedenen Laut von sich. Sie nimmt ihm den Rohling aus der Hand. Das Auswaschen der Seife gehört wieder zu ihren Aufgaben. Danach wird der noch nasse Filzhut nochmals über den Model gestülpt und danach bei gutem Wetter auf einer hölzernen Bank neben dem alten Schäferwagen zum Trocknen gelegt. Nach etwa einem Tag ist er trocken und wird mit einer Filzschnur, einer Blume oder einer anderen Dekoration garniert.
Der Hutträger formt den Filzhut
Fertig ist er damit allerdings noch lange nicht, verraten die beiden Filz-Handwerker verschwörerisch. Erst auf dem Kopf seines Trägers werde er mit der Zeit zum unverwechselbaren Einzelstück geformt, betont der Woll-Liebhaber und seine Frau deutet lachend auf dessen Kopf. Dort sitzt ein mehr als zehn Jahre altes Exemplar, unter dem sich Franz Greber bei seiner Arbeit als Schäfer mehr als nur gut behütet fühlt.

Schäferhof Greber: Produkte rund ums Schaf
Kunden können in der Wollkardiererei gewaschene Wolle anliefern und zu Vliesen, Kardenband oder Teppichwolle verarbeiten lassen.
Außerdem gibt es im Hofladen Strickwolle in natur oder von Hand gefärbt, Kardenbänder und Vliese zum filzen, Figuren und Tiere aus Märchenwolle, handgestrickte Produkte, verschiedene gefilzte Sachen, Kuschelkissen u.ä. aus Webpelz, Schafwollteppiche, Bettdecken, Felle ….
Auch kulinarisch hat so ein glückliches Bioschaf viel zu bieten: Lammfleisch- und Wurst sind echte Delikatessen.
Du möchtest auch zwei Schafe als Rasenmäher oder eines zur Zucht? Im Schäferhof Greber in Malleichen bist Du richtig. Ach ja, als coole Nutztiere im Schrebergarten sind die Schafe nicht wirklich geeignet. 😉
Weiterführende Informationen
Wie aus der Wolle ihrer Schafe ein fertiges Produkt entsteht, zeigen Grebers in verschiedenen Kursen: Gestalten mit Märchenwolle, Nass- und Trockenfilzen oder Spinnen. Termine und Teilnehmerzahl nach Absprache.
Ach ja, ganz in der Nähe ist die ehemalige Badwirtschaft für mehr Manneskraft ;-), das Heimathaus Gestratz sowie „Denkmal an Kaffee„. Und auch die Goislschnalzer üben hier hinterm Berg.
Schäferhof Carolina & Franz Greber
Malleichen, Gestratz
Kontakt unter Tel.: 08383 / 7384 oder unter www.greber-schafe-wolle.de
Dieser Text wurde unabhängig recherchiert.
Es bestand kein Auftrag. Es wurde nichts bezahlt.
Der gesamte Beitrag ist Eigentum des Autors!

Klein und auf Zack. Viola hört die Zwischentöne und schreibt damit ganz besondere Geschichten: Über Menschen, über Berufe & Berufungen und über Orte wo man gerne länger sein möchte. Wie zum Beispiel im westlichen Allgäu. Mit einem Allgäu-Winter-Tipp ist sie auch in der Januar-Februar-Ausgabe der Zeitschrift BARBARA auf S.152.
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