
Allgäuer Birnenbrot, ein traditionelles Rezept vom Alpenrand

Birnbrot, Birnwegga, Kletzabrot, Kletzen, Birerazelta, Biarabrot, Hutzelbrot, Singate, Birnenbrot — Namen für dieses leckere Brot gibt es viele. Es ist ein Früchtebrot mit überwiegend getrockneten Birnen. Robuste Allgäuer Birnen-Sorten sind zum dörren geeigneter, als zum mosten. Daß Birnenbrot traditionell vorallem in der Alpenregion gebacken wurde, hat etwas mit den harten Wintern und der herrschenden Armut in den Bergen zu tun. Das hier beschriebene Allgäuer Birnenbrot Rezept ist von meiner Oma. So wie es von vielen Allgäuerinnen gebacken wurde und wird. Denn Birnenbrot erlebt gerade eine Renaissance.
Wikipedia:
Im oberen Allgäu, das wegen seiner kargen Böden recht arm war, wurde „Birnebrot“ am Heiligen Abend nach der Rückkehr von der Christmette gegessen. Dazu gab es ein Gläschen „Obstler“ – ein hochprozentiger, aromatischer Schnaps aus Äpfeln und Birnen. Die Kinder armer Leute sangen Advents- und Weihnachtslieder vor den Häusern begüterter Bauern und erhielten zum Dank die „Singâte“ (Betonung auf i, vgl. singen), wie das Birnebrot deshalb genannt wurde. Heute kennt kaum noch jemand diesen Ausdruck.
Dörrobst und Nüsse geben Kraft. Das wußten schon unsere Altvorderen. Für die schwere Arbeit auf dem Feld oder im Wald war das ein echter Energiebooster. Der Müsliriegel aus vergangenen Tagen.

Allgäuer Birnenbrot Rezept
Zutaten für den Bierazelta
Für das Birnenbrot innen
- 600g Dinkelmehl (gerne gemischt mit feinem Dinkel-Vollkornmehl oder auch etwas eingeweichtem Dinkelschrot)
- 30 g Hefe
- 1 TL brauner Zucker
- 750 g gedörrte Birnen
- eventuell ein paar gedörrte Zwetschgen, Aprikosen oder Feigen dazu
- 150 g Walnüsse ganz (ein Walnußbaum stand an jedem Bauernhaus)
- 50g – 70g Haselnüsse
- je 50 g Rosinen, Orangeat und Zitronat (schmeckt sehr gut dazu, kam aber im´n Omas Rezept nicht vor!)
- geriebende Zitronenschale
- 1 Prise Pfeffer
- 1 TL Salz (gehäuft)
- Anis, Fenchel, Zimt, Kardamon (je nach Geschmack zusammen ca. 1 TL)
Das Geheimnis des geschmackvollen Innenlebens
- 1/4 l Kirschwasser, oder milder Obstler
Für die Teighülle
- 200 g Mehl
- 130 ml Milch (funktioniert auch mit Hafermilch)
- 1/2 TL Öl
Robuste Birnensorten für das Dörrobst
Die alten, robusten Birnbäume am Alpenrand liefern eher die kleinen Früchte mit der rauhen Schale. Sie sind perfekt zum trocknen und lagern. Im Frühherbst wurde auf dem Land jede Birne“aufgeklaubt“ und verarbeitet. Für Kuchen und Kompott, aber ganz oft auch getrocknet um die süßen Kostbarkeiten für den Winter zu konservieren.
Dörrobst macht man am traditionellsten im Kachelofen, am schnellsten im Dörrautomat und am einfachsten im Backofen. Gedörrte Birnen können in Tupperschüsseln oder in Tontöpfen gut aufbewahrt werden.
Zubereitung des Allgäuer Birnenbrots
Am Tag zuvor: Etwas Trockenobst in Schnaps einweichen.
Am Tag der Zubereitung:
Die Trockenbirnen in 1 l Wasser aufkochen und etwas ziehen lassen. Anderes Trockenobst einzeln aufkochen, da die Zieh-Zeiten sehr von der Trockenheit der Früchte abhängen. Das Obst soll nicht zu matschig werden.
Die Hälfte des Obstes wird jetzt durch den Fleischwolf gedreht. Funktioniert auch mit der Küchenmaschine! Nur grob hacken und die Flüssigkeiten auffangen! Etwas Flüssigkeit zum bestreichen des Birnenbrotes aufheben.
Alle Zutaten warm stellen. Hefe mit Zucker etwas gehen lassen
Aus Hefe und Zucker einen Vorteig machen und gehen lassen. Die aufgefangene Flüssigkleit, die Gewürze und den Birnenmatsch mischen. Alle weiteren Zutaten zugeben und eine festen Teig kneten. Warm mindestens 2-3 Stunden ruhen lassen.
Aus Mehl und Milch mit einem Spritzer Öl die Teighülle kneten.
Vierteln und ausrollen.
Den Birnenbrotteig ebenfalls vierteln, ein Brot formen und mit der Hülle ummanteln.
Brote auf ein Blech mit Backfolie legen.
Mit einer Gabel mehrere Löcher einstechen und mit der Flüssigkeit der Birnen bestreichen.
Bei 200° ca. eine Stunde backen.

Superfood Getrocknete Birnen
Übrigens: Getrocknete Birnen sind sehr kalorien- und fettarm. Dafür schmeißen sie jede Menge Balaststoffe auf die Waage. Ein perfekter Snack also, um gesund den Hunger zu stillen.
Die Birnen enthalten
- viel Vitamin B6. Perfekt für den Energiestoffwechsel, das Nervensystems sowie für die Psyche. Vitamin C fürs Immunsystem
- Vitamin B7 bringt den Energiestoffwechsel in Schwung
- Kalium und Magnesium für Nerven und Muskulatur
- Sie sind reich an Kupfer und Mangan, wunderbarer Zellschutz gegen oxidativen Stress.
Das Birnenbrot braucht sich in der Allgäuer Superfood-Gallerie (Walnuss, Giersch, Bärlauch) nicht zu verstecken. ;-))
Birnenbrot als Geschenk
Geschenke aus der Küche kommen immer gut an. Das leckere Superfood – Birnenbrot wäre ein echter Geschenke-Klassiker. Es ist nahezu exclusiv, schmeckt, ist gesund und nichts bleibt übrig. Viel besser, als irgend ein Rumsteherchen verschenken!
Im Winter kommen alternativ eigendlich nur noch Allgäuer Heuplätzchen in Frage. Oder ein Sack voller frischer Walnüsse. Oder was Leckeres aus Giersch oder Bärlauch. Oder, oder, oder ….
Birnenbrot Anekdote:
Franzi, der Mühlen-Dackel aus Wertach, liebt auch Birnenbrot. „Das gibt Power“ hat er sich gedacht, und mein ganzes Mitbringsel gefressen.
Quintessenz
Birnenbrot ist wandelbar.
Vom arme Leute Weihnachtsbrot
zum Superfood …So kanns gehen,
und ich hol mir jetzt ne Scheibe …
Herzlichst, Deine Ulli

Als Online-Handwerkerin mit viel Begeisterung für Mensch, Technik & die Region rückt sie Geschichten ins richtige Licht. So werden Texte und Inhalte im Internet gefunden.
Fundiert
JournalistInnen & TexterInnen recherchieren und berichten.
Lesenswert
Weil wir Dich mit allen Sinnen in die Geschichten mit rein nehmen.
Anders
Wunderbare Geschichten, die berühren und informieren.
Einfach
Das Neueste senden wir Dir bequem in Dein eMail Postfach.
Tolles Rezept, aber ich habe einen großen Zweifel: Wie ist das mit den Backzeiten denn gemeint? Zuerst heißt es bei 180 Grad eine Stunde backen, danach steht da, man soll die Brote auf ein Backblech legen und eine Stunde im auf 210 Grad vorgeheizten backen. Bitte um Aufklärung! Vielen Dank!
Ich finde es sehr schade, dass in der einleitenden Auflistung der Bezeichnungen zwar das in Altbaiern heimische „Kletzenbrot“ erscheint, nicht aber die im Westallgäu, am Bodensee und bis ins Oberschwäbische verbreitete „Singatê“ bzw. „Singete“, obwohl sie im angehängten Eintrag aus Wikipedia beschrieben wird. Zwischen Oberstaufen und Wangen kennen wohl heute noch die meisten Einheimischen diesen Ausdruck, auch wenn sie ihn kaum mehr verwenden.
Hallo Manfred, danke für Deinen Input. Ich habe die zwei Begriffe wirklich weggelassen, weil ich dachte, daß diese im Sprachgebrauch nicht mehr verwendet werden. Mir als Oberallgäuerin war diese Beschreibung überhaupt nicht bekannt, und ich habs auch noch nie gehört, obwohl ich jetzt eher im Westen beheimatet bin. Aber natürlich ja, es gehört eindeutig dazu. Danke nochmals